Kontrolle der Verteidigerpost in der JVA Burg unzulässig.

Landgericht Stendal hebt Verhandlungstermin auf.

Nach Ansicht des Landgerichts Stendal ist die derzeitige „ Sichtkontrolle“ der eingehenden Verteidigerpost Aufgrund der Anordnung der Anstaltsleitung vom 18.8.23 offensichtlich rechtswidrig.

Die JVA Burg hatte die Sichtkontrolle sämtlicher eingehender Anwaltspost angeordnet.

Durch Rechtsanwalt Tamoschus war eingewandt worden, dass diese Kontrolle die durch § 148 StPO besonders geschützte Kommunikation zwischen Verteidiger und seinem Mandanten behindert.

In dem Verfahren 510 NBs 306 Js 12028/21 hat die zuständige Kammer des Landgerichts Stendal deswegen die Termine für einen angesetzte Hauptverhandlung aufgehoben, da eine Beeinträchtigung der freien Verteidigung vorliegt.

Die Kammer führt in der Verfügung aus:

Nach dem vom Verteidiger vorgelegten Schreiben der Anstaltsleitern Frau Hagemann vom 28. August 2023 besteht in der JVA Burg seit dem 18. August 2023 eine angeordnete Sichtkontrolle der Anwalts-und Verteidigerpost, offenbar auch ohne Anwesenheit des Gefangenen und ohne vorherige Bekanntgabe dieser neuen Praxis. Der Verteidiger vermutet auch eine Text-/lnhaltskontrolle bzw. legt dar, dass eine solche nicht ausgeschlossen werden kann. Ein Verfahren des Angeklagten nach den §§ 109, 114 StVoIlzG ist nach Auskunft der Strafkammer 9 wegen eines am 18. August 2023 ihm bergebenen und geöffneten Briefes seines Verteidigers anhängig. Dieses Verfahren soll in Kürze von der zuständigen Richterin entschieden werden. Offenbar hat sich auch der Verteidiger mit Schreiben vom 22. August 2023 an die JVA Burg gewandt und um Aufklärung gebeten.

Zur Sache und dem Einwand eines Verstoßes des § 148 StPO durch die Kontrolle der Verteidigerpost:

Grundsätzlich ist nach § 148 StPO Verteidigerpost von jedweder inhaltlichen Kontrolle ausgenommen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 12. November 2004 – 3 VAs 20/04 -, juris).

weiter führt die Kammer aus:

Eine Beeinträchtigung der freien Verteidigung und des Vertrauensverhältnisses zum Mandanten ist bereits dann zu besorgen, wenn (ohne konkrete gegenteilige Anhaltspunkte) ausreichend als Verteidigerpost gekennzeichnete Post eines der Anstalt bekannten Rechtsanwalts – was hier der Fall ist – ohne dessen Einwilligung der Kontrolle durch die JVA unterworfen wird (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 28. Juli 2006 – 2 Ws 624/05 -, juris).

Daneben sind noch Verfahren zur Überprüfung der Anordnung nach § 109 StVollzG anhängig. Mit einer Entscheidung in dem einstweiligen Anordnungsverfahren rechnen wir in Kürze.